Montag 24.7.2023 – 108 Kilometer – 1077
Kaffee ans Zelt
Ein Frosch wartete im Vorzelt darauf freigelassen zu werden. Wahrscheinlich hat er es in der Dämmerung unter die Zeltplane geschafft und später nicht mehr den Rückweg gefunden. Bei den vielen Störchen würde ich, wäre ich ein Frosch, auch lieber im Zelt übernachten, als auf der Wiese oder dem Seeufer.

Der Zeltplatz ist mit überdachten Bänken und Tischen ausgerüstet. Super. Mein ganzes Zeug räume ich auf die Tische, lasse das Zelt trocknen und packe das Kettenöl aus. Die Kette quietscht und verlangt neue Schmierung.
Eine Mitarbeiterin fragt, ob ich heisses Wasser für Kaffee brauche. Wenn ich Kaffee hätte, dann gerne aber ohne nicht nötig, antworte ich. Dann bietet Sie mir Kaffe an und ich darf wählen ob stark oder ohne Koffein. Sehr freundlich. Ich deute an zwei Löffel vom starken Kaffee wären genau das, was ich brauche um wach zu werden. Wenig später bringt Sie mir eine große Tasse dampfenden Kaffees und Gebäck.

Ich freue mich sehr über den Kaffee und die Gastfreundschaft.

Steep Velo
In Wegorzewo besorge ich im Biedronka Wasser und ein paar Teilchen fürs Frühstück. Es kann losgehen. Neben der 650 verläuft der Green Velo. Im Gegensatz zur Straße nimmt der Radweg jede Bodenwelle genauestens mit. Meine Oberschenkel fangen an zu streiken. Es geht entweder kurz bergauf, dann mit 7 oder 9 oder 10 Prozent wieder hoch. Auf der gleichen Strecke mache ich das drei oder vierfache mehr an Höhenmetern wie Fahrzeuge auf der Straße.


Es nervt. Lieber fahre ich auf der Straße und lasse mich anhupen. Wer hat sich diesen Radweg ausgedacht ? Ich vermute keine Radfahrer. Nach 31 Kilometern sehe ich neben der Strasse ein Schild „Radweg“ durch die Bäume schimmern und verlasse erleichtert die 650.
Keine Kontrolle
Ich verlasse die Landstrasse und biege auf ab, auf den Radweg. Es ist wieder einmal eine alte Eisenbahntrasse ! Flaches Profil, guter Untergrund. Warum haben meine Routenplanungstools den nicht vorgeschlagen ? Egal. Ausser mir ist Niemand unterwegs.


Bis ich im Rückspiegel ein Motorrad sehe, was sich schnell nähert. Ein Grenzschutzbeamter. Ich winke Ihn vorbei, er schaut mich und das bepackte Rad beim Überholen genau an. Dann winkt er zurück. Gute Fahrt. Woher wusste er, dass ich auf dem Radweg unterwegs bin ?
Ein paar Kilometer weiter, in Jablonskie endet der Abschnitt für mich. In Goldap halte ich nur kurz beim Supermarkt an um Wasser aufzufüllen. Kein Kaffee in Sicht.
Über die Brücke
Hinter Goldap verlasse ich wieder die 651 und fahre durch einen Wald, so wie meine Routenplanung es vorschlägt. Der Radweg endet abrupt vor einem Erdwall. Links davon ist ein Fußpfad zu sehen.
Ich schiebe das Rad weiter und stehe auf einer Brücke. Wahrscheinlich nicht mehr stabil. Mich und das Rad wird das Konstrukt noch tragen.


Von der anderen Seite kommen mir zwei Wanderer entgegen. Wir unterhalten uns ein bisschen über meine Radtour. Beide bestaunen das Rad und können nicht glauben so ein schweres Gefährt bis hier hin bewegt zu haben. Sie raten mir, nicht mehr den Radwegen zu folgen, sondern auf der 651 zu fahren. Ein guter Tipp. Bei der nächtsen Möglichkeit verlasse ich die Trasse und folge der 651.
Das beste zum Schluss
Kaum bin ich auf der Landstrasse, fängt es an zu regnen. Ich werde nass, aber das ist okay. Der Regen kühlt mich ab, vor allem die Oberschenkel und er Kopf sind sehr warm geworden. 72 Kilometer bisher gefahren. Es geht immer weiter hoch. Nach jedem Anstieg geht es ein paar Meter herunter um erneut anzusteigen, immer und immer wieder. Hinter Zerdziny komme ich auf einen halben Kilometer an die Grenze heran, aber ich bin zu sehr mit den Steigungen beschäftigt um das zu bemerken.

Wäre ich nicht so ausgepowert, wäre ich die 500 Meter bis zur grünen Genze gefahren und hätte ein Foto geschossen. Irgendwann taucht das Ortsschild von Wizajny auf. Für heute reicht es.
Camping Umani
Ausser mir zeltet noch ein Reiseradler auf dem kleinen Platz. Er ist auf dem Rückweg vom Nordkapp und will zurück nach Paris.
Sobald ich vom Rad abgestiegen bin und geduscht habe, fühle ich mich in Ordnung.

Die Beine schmerzen nicht mehr. Ich habe Hunger für zehn und freue mich über die überdachte Sitzgelegenheit und den Wasserkocher. Ein Couscous ist so schnell zubereitet, ich muss den Spirituskocher nicht auspacken. Ich freue mich, trotz der Anstrengung mein Tagesziel erreicht zu haben und lege mich früh schlafen.