Donnerstag 18.08.2022
Start 10:45 / Ende 17:45 / Strecke 67 km
Einpacken fällt schwer
Der Camping Chez la Fontaine hat mir wahnsinnig gut gefallen. Die Zelte stehen auf der ehemaligen Obstwiese der Hofanlage. Der Blick geht über flache Felder. Es ist absolut ruhig.
Auf der kleinen Landstraße D 200 ist fast kein Verkehr. Morgens um sechs muss ich unfreiwillig aus dem Schlafsack. Das Zelt ist nass vom Tau. Um mich herum stehen die alten Obstbäume im Nebel.
Von dem Anblick und der Kälte bekomme ich eine Gänsehaut. Alle Geräusche sind gedämpft. Meine Schritte höre ich nicht. Mich hätte es nicht gewundert, Frodo Beutlin und Samweis Gamdschie auf dem Weg aus dem Auenland zu treffen.

Bewirtschaftet wird die Obstwiese nicht mehr. Nur im kleinen Garten wird Biogemüse für die Taverne angebaut. Die Taverne ist sehr gemütlich. Es wird warmes Essen angeboten und lokale Getränkespezialitäten. Ein selbstgemachter Walnussporto ist Spitze. Ich unterhalte mich noch länger mit den beiden Pächtern, trinke einen doppelten Espresso und überlege, ob ich noch einen Nacht bleibe.

Alles Käse
Wie immer, wenn ich los fahre, kommen mir jede Menge Motive vor die Linse. Die Landschaft ist auch wirklich schön. Flach, grün, mit großen Bäumen. Ich kann mich daran nicht satt sehen.

Doch dann sehe ich rechts von mir einen ziemlich großen anthrazitfarbenen Industriebau in einiger Entfernung mitten auf der Wiese stehen. Was ist denn das ?

Ein Kraftwerk kann es nicht sein. Etwa einen Kilometer weiter fahre ich in den Ort Isigny-sur-Mer und komme einem anderen ebenfalls anthrazit farbenem Bau näher. Davor stehen einige LKW. Dreiachser.
Es handelt sich um eine gigantische Käserei. Es gibt einen, im Vergleich zu dem Gebäudekomplex, sehr kleinen Fabrikverkauf.

Das trifft sich gut. Einen Käse wollte ich sowieso besorgen und entscheide mich an der Theke für einen Camembert mit Calvados.

Carentan
Kurz vor Carentan macht sich mein Kreislauf bemerkbar. Obwohl ich einen sehr guten Espresso am Morgen hatte, ist die Luft raus. Nachschub muss her und zwar sofort. Mitten im Ort gibt es einen Bar-Tabac. Der Kaffee mit viel Zucker wirkt wie immer in minutenschnelle. Der Kreislauf ist wieder da. Nur noch in einer Bäckerei Teilchen besorgen und einen Boxenstopp mit Druckluft einlegen. Dann geht es weiter.
Durch den Sumpf
Bisher war die Strecke flach. Jetzt gibt es gar keine Steigungen oder Gefälle mehr. Nach 33 km erreiche ich Le Moulin und fahre die nächsten Kilometer auf der D 57 durch eine Sumpflandschaft „Le Marais Michel“.

Aber zuerst muss ich etwas Essen. Das Teilchen aus der Bäckerei von Carentan schmeckt so lecker wie es aussieht.

Die Sumpfwiesen sind saftig grün. Von Wasserknappheit oder Dürre ist hier ausnahmsweise nichts zu sehen.
Bis nach Coutances und weiter
Nach der flachen Strecke durch die Sumpflandschaft ging es die Hügel hoch und runter. Die Belastung nimmt mich so in Anspruch, dass ich kaum noch die Landschaft wahrnehme.
Das Rad ist ziemlich schwer. Sobald es hoch geht, muss ich runter Schalten. Die meiste Zeit fahre ich in den unteren vier Gängen. Dann im ersten Gang. Das entspricht etwa Schritttempo. 6 km/h. Das Rad hat bei dem Tempo kaum noch Schwung und ich muss aufpassen, nicht aus der Spur zu kommen und im Graben zu landen.

Heute waren mehrere Abschnitte dabei, bei denen mir nichts anderes übrig geblieben ist, als zu schieben. Das ist echt anstrengend. Auch mit dem Rennrad wäre es eine schwere Strecke gewesen. Die Bilder vermitteln es leider nicht.
Camping La Lande
Am späten Nachmittag bin ich am Camping La Lande angekommen. Auf dem Platz stehen viele alte Bäume und viele Dauercamper. Ich darf mir irgendwo einen Platz aussuchen und baue schnell das Zelt auf.

Ich bin fertig. Weniger Strecke als gestern, aber deutlich mehr auf und ab. Das ist erst ein Vorgeschmack auf die Hügel in der Bretagne.
Ich glaube, es ist gut, nicht genau zu wissen, was noch kommt. Direkt neben dem Campingplatz verläuft eine Landstraße. Ich bin zu müde, um mich von den Geräuschen stören zu lassen.
Kein Plan
Für morgen und die nächsten Tage habe ich keinen Plan. Es gibt kein WLAN bei La Lande. Ich muss morgen von unterwegs schauen, wie die Reise weiter geht.